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       Sonntag, November 24th, 2019
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    Kisten für den Schwestern: Wie kreiert man Bühnenbild auf dem Festival

Kisten für den Schwestern: Wie kreiert man Bühnenbild auf dem Festival

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In einer Theaterinszenierung spielen nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Bühnendekoration. Theatergruppen reisen zu unserem Festival meistens ohne das sperrige Bühnenbild an. Es nicht nur auszudenken, sondern auch zu suchen und zu finden, umzubauen und zu kreieren – das ist die noch nicht vollständige Aufgabenliste von Pavel Utenkov und Oleksandr Bohudlov, die eine ganze Bühnenwelt in einer Nacht kreieren können.

Pavel Utenkov. Foto by Diana Kovalenko

— Wie lange seid ihr beide schon bei JULA?
Pascha:
— Ich habe schon vor 15 Jahren über das Festival erfahren, bin aber erst seit 2016 im Team. Das ist also mein viertes Jahr bei JULA.
Sascha:
— Ich bin schon lange als Helfer bei dem Festival dabei, aber es ist mein erstes Jahr im Orgateam. Davor habe ich als Springer geholfen, bei unterschiedlichen Kleinigkeiten und als Fahrer. Wir haben sogar mit unserer Theatergruppe bei dem Festival mal aufgetreten, aber die Gruppe existiert leider nicht mehr.

— Wie lange dauert die Vorbereitung des Bühnenbildes normalerweise?
Pascha:
— Einen Monat vor Beginn des Festivals besprechen wir, was alles gebraucht wird. Theatergruppen schicken uns ihre Listen und wir besprechen, was sie selbst mitnehmen können (natürlich nur kleinere Sachen). Manchmal versuchen wir die Anzahl von Gegenständen zu reduzieren.
Sascha:
— Dieses Jahr haben wir mit der Bühnenbildvorbereitung ca. drei Wochen vor dem Festivalstart angefangen. Ich fuhr durch die Stadt und sammelte alles, was wir gebrauchen konnten: Stühle, Kommode, Nachttische, Schränke usw. Ich musste das alles nicht selbst mit den Gruppen abstimmen, das haben unsere wunderbaren Kolleginnen übernommen. Die Gruppen schicken uns ihre Rider, an denen wir uns bei der Suche orientieren. Manchmal stellt sich bei der Suche heraus, dass man etwas ganz anderes braucht. Zum Beispiel, das Kiewer Theater „Auf dem linken Dnepr-Ufer“ hat angegeben, dass sie zwei Koffer brauchen. Wir haben welche gefunden, aber dann haben wir erfahren, dass die Schauspieler auf diesen Koffern tanzen sollen. Dank unserem lieben Sebastian, dem Direktor des Theaters Leo17, hat am Ende zum Glück doch noch alles geklappt.

Oleksandr Bohudlov. Foto by Diana Kovalenko

— Wo sucht ihr nach Dekorationen und Requisiten?
Sascha:
— Google ist unser großer Helfer. Wir suchen überall: Flohmärkte, Bekannte, populäre Kleinanzeigen-Webseiten.
Pascha:
— Einiges gibt es schon im Leo17, den Rest erfinden wir selbst während des Festivals. Manchmal verpassen wir die Inszenierungen um währenddessen etwas für das nächste Stück zu basteln. Wir haben keine eigene Werkstatt, deswegen können wir es nicht im Voraus vorbereiten. Manchmal bitten wir unsere ehrenamtlichen Helfer etwas von Zuhause mitzubringen. Ab und zu suchen wir bei eBay, versuchen aber bevorzugt kostenlose Optionen zu finden.

— Welche Bühnendekorationen waren die schwierigsten aus der technischen Sicht?
Sascha:
— Dieses Jahr war es das Bühnenbild vom Kiewer Theater, weil da die Konstruktionen zusammengeschweißt werden mussten. Es war die große Leistung von Pascha, der musste die VGIK Inszenierung verpassen, um alles rechtzeitig zu schaffen. Ich habe ihm nur geholfen.
Pascha:
— Letztes Jahr hatten wir das Stück „123 Schwester“ vom Golomazov Theater aus Moskau, sie brauchten 6 große Kisten. Zuerst wurde uns mitgeteilt, dass es einfach große Nachbildungen sein sollen. Aber als die Schauspieler da waren, sagten die: “Eigentlich setzen wir uns auf die, springen auf, klettern rein”. Wir haben verstanden, dass die Kisten sehr fest sein sollen, damit die während der Aufführung nicht zusammenbrechen. Zwei sollten auch aufklappbar sein, damit Schauspieler Sachen darausholen könnten. Und eine Schwester hatte sich sogar komplett in so einer Kiste versteckt. Da wir es spät erfahren haben, habe ich die meisten Aufführungen verpasst. Ich habe fast die ganze Zeit diese Kisten gebaut. Sascha und Volodya Kudryavtsev, ein Fotograf aus Prague, haben mir damals sehr geholfen: sie haben gesägt und geschliffen.

„123 Schwestern“ von Golomazov Theatre, Moskau. JULA 2018

— Gab’s auch Bühnendekorationen, die schwer zu finden sind?
Pascha:
— Dieses Jahr haben wir eine Fonokombination für Brusnikin Werkstatt gesucht. Aber in Deutschland sind die schwer zu finden. Stattdessen haben wir ein altes Radio gefunden, das ähnlich wie das Gerät auf ihren Fotos aussah. Eigentlich kann man meistens Kompromisse mit den Theatern finden. Einige Dekorationen spielen eine ganz große Rolle, ohne sie kann man das Stück nicht spielen. Andere kann man auch ein bisschen ändern, ohne dass das die Handlung beeinflusst. VGIK hatte ursprünglich eine Palme im Topf, aber ein großer Ficus hat auch gepasst, es ist nicht so wichtig. Und letztes Jahr brauchte ein Theater die Langlaufski. Aber wo findet man sie in München? Niemand aus unserem Bekanntenkreis hatte welche, also haben wir einfach alte Alpinski genommen. Und es hat sich herausgestellt, dass die Ski nur 5 Sekunden in der Inszenierung „gespielt“ hatten: der Schauspieler ging mit denen von einer Seite der Bühne zu der anderen und das war’s.

— Wo landen die Bühnendekorationen nach dem Festival?
Sascha:
— Was man noch benutzen kann, überlassen wir dem Theaterdirektor Sebastian. Von dem, was nicht mehr gebraucht wird, verabschieden wir uns.
Pascha:
— München ist zu teuer, um die Bühnendekorationen aufzubewahren. Theoretisch kann man sie verkaufen, aber das braucht Zeit und Platz: vor dem Verkauf müssen wir die Sachen irgendwo lagern und dann transportieren. Es lohnt sich leider nicht.

 

Text: Anastasia Barbosova